S. Hofschlaeger / pixelio.de Deutsche Schüler sind seit dem ersten Pisa-Test vor zehn Jahren besser geworden – vor allem in den Disziplinen Mathematik und Naturwissenschaften. Ein Fazit der aktuellen Pisa-Studie. Doch im Lesen und beim Verstehen von Texten sind sie weiter Mittelmaß. Dennoch: „Die bildungspolitischen Anstrengungen lohnen sich“, so Thüringens Bildungsminister Christoph Matschie (SPD).
Hannelore Kraft, stellvertretende SPD-Vorsitzende und Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen, dankt zuerst den Lehrerinnen und Lehrern für die erkennbaren Verbesserungen bei der aktuellen Pisa-Studie. Sie hätten in einem Kraftakt bei oft schwierigen Bedingungen hervorragende Arbeit geleistet. Doch sie erinnert auch an den Anteil sozialdemokratischer Bildungspolitik an diesem Erfolg: „Der von der rot-grünen Bundesregierung gegen massive Widerstände durchgesetzte Ausbau der Ganztagsschulen, die massiven Investitionen in die frühkindliche Bildung, die Abkehr vom starren dreigliedrigen Schulsystem in vielen Bundesländern – all das hat entscheidend dazu beigetragen, dass unser Schulsystem durchlässiger und im internationalen Vergleich leistungsfähiger geworden ist.“ Für Kraft eine Bestätigung, „dass sozialdemokratische Bildungspolitik wirkt.“
Forderung nach mehr Ganztagsschulen
Auch die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Doris Ahnen (SPD), zugleich bildungspolitische Sprecherin der SPD-geführten Länder, freut sich über die positive Entwicklung. „Der gewachsene Stellenwert von Bildung und die von der Politik seit 2001 schrittweise umgesetzten Maßnahmen zeigen Wirkung.“ Wobei die Mainzer Politikerin beklagt, dass der Zusammenhang zwischen Bildungserfolg und sozioökonomischem Hintergrund von Schülerinnen und Schülern immer noch zu stark sei. Hannelore Kraft ergänzt: „In keinem anderen Land hat ein sozial ungünstiges Schulumfeld einen derart starken Einfluss auf die Leistungen von Kindern aus sozial schwachen Familien. Die richtigen Antworten darauf lauten: mehr Ganztagsschulen, bessere individuelle Förderung und mindestens ein Schulsozialarbeiter an jeder Schule.“
Thüringens Bildungsminister Christoph Matschie (SPD) fordert eine stärkere Unterstützung der Länder durch den Bund, um mehr jungen Leuten einen Aufstieg durch Bildung zu ermöglichen. „Der gescheiterte Bildungsgipfel vom Juni 2010 bei Kanzlerin Merkel darf nicht das letzte Wort sein“, so Matschie. Er fordert den Bund auf, sich zu seiner Verantwortung für die Bildungsfinanzierung zu bekennen.
Fakten aus der aktuellen Pisa-Studie:
Etwa 470.000 Schüler aus 65 Staaten und Regionen haben am Pisa-Schultest der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) teilgenommen. Dabei hat die Region Shanghai (China) in allen Disziplinen die Spitzenpositionen besetzt. Ebenfalls vorne mit dabei: Südkorea, Finnland, die Region Hongkong, Singapur und Kanada. Die 15-Jährigen aus diesen Pisa-Spitzenländern sind Gleichaltrigen aus Deutschland in Wissen und Können bis zu zwei Schuljahre voraus.
Was die mathematischen Leistungen betreffen, haben deutsche Schüler aufgeholt und landeten mit 513 Punkten (im Jahr 2000 waren es noch 490 Punkte) oberhalb des OECD-Schnitts von 496 Punkten. Pisa-Sieger Shanghai erzielt dabei den absoluten Spitzenwert von 600 Punkten. In den Naturwissenschaften erzielte Deutschland den größten Fortschritt und kommt jetzt auf 520 Punkte (2000 waren es 487 Punkte). OECD-Schnitt in dieser Disziplin: 501 Punkten.
Die Unterschiede in den Schulleistungen sind nach wie vor stark geprägt durch den sozio-ökonomischen Hintergrund der Familien wie auch der Schulen. Der Leistungsabstand zweier Schüler mit ähnlichem Hintergrund beträgt in Deutschland mehr als 100 PISA-Punkte, je nachdem, ob er auf eine Schule mit günstigem oder ungünstigem Umfeld geht. In keinem anderen Land hat ein sozial ungünstiges Schulumfeld einen derart starken Einfluss auf die Leistungen von Kindern aus sozial schwachen Familien.
Migrantenkinder in Deutschland wurde eine bessere Schulsituation bescheinigt, dennoch schneiden Schüler aus Familien, deren Eltern nicht in Deutschland geboren wurden, im Schnitt um 56 Pisa-Punkte schlechter ab als gleichaltrige Einheimische. Vor zehn Jahren betrug dieser Abstand allerdings noch 84 Pisa-Punkte, was mehr als zwei Schuljahren entspricht.