Einen kulturellen Bezug zog die SPD-Zukunftswerkstatt Integration am Sonntag im Berlin Willy-Brandt-Haus: Im Rahmen der Finissage „Vom Gastland zur Heimat“ diskutierten Experten über den notwendigen Rahmen für Integrationspolitik.
30 Künstlerinnen und Künstler hatten 21 Tage ihre Werke im Willy-Brandt-Haus präsentiert. Ihr Thema: Der Blick auf Deutschland und der Prozess der Annäherung – bis das Gastland zur Heimat wird. Zum Abschluss der Ausstellung diskutierten Expertinnen und Experten in unterschiedlichen Workshops, wie der politische Rahmen für gelungene Integration aussehen muss.
Dabei sei das Thema erst spät ernsthaft politisch erkannt worden, erinnerte der stellvertretende SPD-Vorsitzende, Berlin Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit: „Viel zu lange haben wir in Deutschland verkannt, das wir ein Einwanderungsland sind. Das hat dazu geführt, dass wir keine aktive Integrationspolitik gemacht haben. Ich bin mir sicher, dass einiges hätte vermieden werden können.“
„Union nach wie vor nicht in heutiger Zeit angekommen“
Vor dem Hintergrund der Debatte innerhalb der Union um die Rede des Bundespräsidenten am Tag der Deutschen Einheit bekräftigte Wowereit: „Natürlich sind Muslime Teil Deutschlands und gehören zu diesem Land. Es ist respektlos, sie nicht als Teil der Gesellschaft anzuerkennen. Auch das Grundgesetz schützt die Religionen. Beim Thema Integration“, stellte der stellvertretende SPD-Vorsitzende fest, „ist die Union nach wie vor nicht in der heutigen Zeit angekommen“.
Den Schlüssel für erfolgreiche Integration sieht die SPD vor allem in guter Bildung für alle: Ein Ansatz, der weit über Zuwanderungsfragen hinaus geht. Integration, so die Überzeugung, ist vor allem eine soziale Frage. Denn auch viele Menschen ohne Migrationshintergrund finden heute keinen Zugang mehr zum gesellschaftlichen Leben.
Weichenstellungen zur interkulturellen Öffnung, beispielsweise in der Verwaltung, sind nach Überzeugung des stellvertretenden SPD-Vorsitzenden und Regierenden Bürgermeisters von Berlin Klaus Wowereit nur eine Dimension. Im Mittelpunkt müssten der Ausbau von Kinderbetreuung und entschlossene Bildungsinvestitionen stehen. Auch Strukturfragen seien entscheidend. So ist die Berliner Schulreform selbst ein Integrationsprogramm. Sie beendet Diskriminierung, denn die neue Sekundarschule schafft Chancen gerade für diejenigen, die bisher stets auf der Verliererseite waren. Alle Sekundarschulen sind Ganztagsschulen und bieten die Möglichkeit, alle Abschlüsse zu machen.
Gegenseitige Akzeptanz, Respekt und Anerkennung
Der Vorsitzende der türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, sieht Integration zudem als gesamtgesellschaftliche Aufgabe, der sich alle Menschen stellen müssten: „Unter Integration verstehe ich das von gegenseitiger Akzeptanz, Respekt und Anerkennung geprägte Zusammenleben der Menschen unterschiedlicher Herkunft auf der Basis unserer Grundgesetzes. Integration heißt für mich Teilhabe“, so Kolat.
Wichtig sei auch, die Sichtweise der Menschen mit Migrationshintergrund in alle Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Die Mehrheitsgesellschaft müsse entschlossen gegen diskriminierende, rassistische und fremdenfeindliche Tendenzen vorgehen und Interesse und Offenheit für unbekannte Lebenskonzepte zeigen.
Grundgesetz gibt den Rahmen
Von der Minderheitsgesellschaft sei gleichzeitig mehr Verantwortungsbewusstsein für die hiesige Gesellschaft zu erwarten, betonte der Vorsitzende der türkischen Gemeinde. Auch das Erlernen der deutschen Sprache und die Stärkung des Bildungsbewusstseins seien Grundvoraussetzungen der Teilhabe. „Religiöse und traditionelle Gepflogenheiten müssen sich nach dem Grundgesetz richten“, unterstrich Kolat.
Die Bedeutung von Integration als „ein Thema, dem sich die Gesellschaft stellen muss“, betonte zusammenfassend Wowereit. „Das bedeutet harte Arbeit.“ Aber, bekräftigte der stellvertretende SPD-Vorsitzende mit Blick auf die von Thilo Sarrazin entfachte Debatte: „Wir dürfen Populisten nicht das Forum überlassen.“
Bildunterschrift: In Workshops analysierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die aktuelle Situation, um einen Ausblick für die zukünftige Integrationspolitik vornehmen zu können. (Bild: SPD)