Foto: Angelina Ströbel / pixelio.de Nach Überzeugung von Experten ist der schwarz-gelbe Gesetzentwurf zur Neuberechnung der Hartz-IV-Regelsätze verfassungswidrig. Zudem würden die vom Verfassungsgericht geforderten Teilhabechancen für Kinder am besten durch Verbesserungen der Infrastruktur erreicht, wie sie die SPD fordert.
Unterstützung für ihre Forderung, mehr Kindern eine bessere Förderung zukommen zu lassen, Schulsozialarbeiter an die Schulen zu bringen und eine neue Grundlage für die Berechnung der Hartz-IV-Regelsätze zu schaffen, bekommt die SPD von Fachleuten der Wohlfahrtsverbände und aus der Bildungsforschung. In einer Expertenanhörung des SPD-Parteirates lobte der Hauptgeschäftführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider den Beschluss des SPD-Präsidiums, das am Montag auch vom Parteirat bestätigt wurde.
Demnach will die SPD dem schwarz-gelben Gesetzentwurf in der vorliegenden Form weder im Bundestag noch im Bundesrat zustimmen. Im zu erwartenden Vermittlungsverfahren sollen dann vier Ziele verfolgt werden: Das Paket für bessere Teilhabechancen – ein warmes Mittagessen, der Besuch eines Sportvereins oder der Musikschule – soll nicht nur Kindern zugute kommen, deren Eltern Arbeitslosengeld II beziehen. Auch Kinder von Wohngeldempfängern müssten davon profitieren, so die Forderung. Die Aufnahme von Familien, die Kinderzuschlag erhalten, hatte die SPD in den bisherigen Verhandlungen mit Sozialministerin von der Leyen bereits durchgesetzt.
Bildungsforscher für Infrastrukturausbau
Außerdem soll ein vom Bund unterstütztes Programm für Schulsozialarbeit aufgelegt werden. Eine Forderung, die der Bildungsforscher Klaus Klemm im SPD-Parteirat ausdrücklich begrüßte. Anders als die SPD empfiehlt er aber, nicht den Schulen direkt die Schulsozialarbeiter zur Verfügung zu stellen, sondern in die Verantwortung der Kommunen zu stellen. Insgesamt fordert Klemm vor allem Investitionen im Bildungsbereich zu stärken, die Ganztagsschule weiter zu entwickeln und gebührenfreie Kinderbetreuung auszubauen. Das will auch die SPD. Scharfe Kritik übte der Bildungsforscher auch an den von Schwarz-Gelb beschlossenen Kürzungen im Programm „Soziale Stadt“.
Wohlfahrtsverband erwartet erfolgreiche Klagen vor dem Verfassungsgericht
Als klar verfassungswidrig bezeichnete Wohlfahrtsverbandsgeschäftsführer Schneider die Berechnungsgrundlage der Bundesregierung für die neuen Hartz-IV-Regelsätze – vor allem für Kinder. Hier fehle es schlicht an einer ausreichenden Stichprobengröße, so dass die Fehlerquote extrem hoch sei. Rund 60 Einzelposten sind bei der Berechnung der Kindersätze berücksichtigt. Lediglich fünf davon hätten eine hinreichende Datengrundlage – ein „statistischer Schrotthaufen“, urteilt Schneider. Dies, erwartet er, werde vor dem Verfassungsgericht zu zahlreichen Klagen führen mit hoher Aussicht auf Erfolg. Zudem, kritisiert er ebenso wie die SPD, hat die Bundesregierung für die Berechnung lediglich die unteren 15 Prozent in der Einkommensskala herangezogen und nicht wie üblich 20 Prozent. Allein dadurch seien die durch die Bundesregierung ermittelten Sätze klein gerechnet worden. Die SPD fordert darum als drittes Ziel eine „saubere Berechnungsgrundlage“ durch Experten.
Gesetzlicher Mindestlohn notwendig
Als viertes Ziel für die anstehenden Verhandlungen mit der Bundesregierung nennt die SPD die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns und mehr Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik. Denn spätestens durch die vollständige Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU zum 1. Mai im kommenden Jahr droht ein verschärfter Wettbewerb über Lohndumping. Und: So könnte auch das Lohnabstandsgebot zwischen Arbeitseinkommen und möglicherweise höheren Hartz-IV-Regelsätzen gewahrt werden.