Ratssondersitzung: Reinhard Jasper nennt aber keinen genauen Zeitpunkt / SPD strengt Abwahlverfahren an
Hille-Hartum (mt). Bürgermeister Reinhard Jasper hat gestern Abend in der Ratssondersitzung seinen Rücktritt erklärt. Den Zeitpunkt dafür ließ er offen.
Bürger und Bürgerinnen sowie zahlreiche Mitarbeiter der Verwaltung saßen dicht gedrängt im Sitzungssaal und auch auf dem Flur. Sie alle warteten gespannt auf die Erläuterungen des Bürgermeisters und die Beiträge des Gemeinderats. Die Verwaltungsmitarbeiter hatten vor Sitzungsbeginn jedem Politiker ein Schreiben ausgehändigt, in dem sie ihre Unterstützung für ihren Chef bekundeten.
Reinhard Jasper (CDU) selbst wiederholte seine Erklärung von vor einer Woche in verkürzter Form und fügte hinzu, dass die Behauptungen, es habe sich bei den Arbeiten an seinem Privathaus um einen Ausbau, Anbau oder sogar Neubau gehandelt, falsch seien. Es habe sich um Renovierungsarbeiten gehandelt. Dass er die Bauhofarbeiter beschäftigt habe, habe mit dem Zeitdruck, der durch einen Auftrag an eine Bodenverlegefirma entstanden sei, zu tun gehabt. Auch entspreche es nicht den Tatsachen, dass er den Bauhofarbeitern eine Aussagegenehmigung verweigert habe.
Er erinnerte daran, dass er sich in den vergangenen Jahren weder persönlich noch gesunAus seinem Fehlverhalten werde er die Konsequenzen ziehen. "Ich werde einen geordneten Rückzug einleiten und einen Antrag auf Verlangen stellen." Ein Datum oder eine Zeitspanne nannte er nicht.
Die CDU-Fraktion steht weiterhin zu ihrem Bürgermeister. "Wir sind bereit, mit Reinhard Jasper weiter zusammen zu arbeiten. Dies ist auch unser Bekenntnis zu seinen großen Leistungen", sagte Fraktionsvorsitzender Heinz-Friedel Fabry. Jeder müsse neben seinem Fehlverhalten auch das mehr als 50-jährige Wirken zum Wohle der Gemeinde berücksichtigen. "Eine persönliche und politische Ächtung unter Missachtung der großen Verdienste ist unverantwortlich und wird seiner Person nicht gerecht."
Allerdings redete Heinz-Friedel Fabry auch Klartext: "Es ist ein nicht zu rechtfertigendes Fehlverhalten, wenn Bauhofmitarbeiter vom Verwaltungschef für private Zwecke eingesetzt werden. Wir halten den Strafbefehl für angemessen und begrüßen, dass ihn Reinhard Jasper annimmt und die Verantwortung trägt." Wer wie der Bürgermeister konsequent gegen andere gehandelt habe, müsse diesen Maßstab auch gegen sich gelten lassen.
SPD will Abwahlverfahren einleiten
Der SPD ging der Schritt des Bürgermeisters nicht weit genug. "Der schnellste Weg, Schaden von sich und der Gemeinde abzuwehren, wäre der sofortige Rücktritt", forderte Fraktionsvorsitzender Michael Schweiß, der Unverständnis äußerte, "warum dieser Weg nicht beschritten wird". Denn auch die Verwaltungsmitarbeiter hätten eine schnelle Antwort verdient, meinte er.
Irritiert zeigte er sich von der Erklärung Reinhard Jaspers in der vergangenen Woche. "Nicht andere sind schuldig. Es gibt nichts herunterzuspielen, und der Bürgermeister ist auch nicht Opfer."
Da dieser nicht sofort zurücktreten wolle, werde die SPD ein Abwahlverfahren anstrengen. Dafür würden die Unterschriften von 16 Ratsmitgliedern benötigt, also auch einige aus den anderen Fraktionen. Mit der Einleitung des Abwahlverfahrens, so Michael Schweiß, werde den "Bürgern und Bürgerinnen eine eigene Entscheidungsmöglichkeit über die Abwahl des Bürgermeisters eröffnet". Politiker, die das anders sähen, müssten ernsthaft über einen Verzicht auf das eigene Mandat nachdenken. "Wir haben den Antrag vorbereitet. Er liegt zur Unterzeichnung für alles Ratsmitglieder bereit."
Quelle: MT-Online vom 25. Juni 2008